Pflanzenschutzdienst

Aktuelle Ergebnisse Schilf-Glasflügelzikaden-Monitoring und Notfallzulassungen in Pflanzkartoffeln

Webcode: 01044371

Die Flugaktivität der Schilf-Glasflügelzikade wird in Niedersachsen durch eine Vielzahl von Leimtafeln überwacht. Aufgrund von Funden in den Landkreisen Helmstedt, Wolfenbüttel und Goslar erfolgt dort ein Warndienstaufruf in Pflanzkartoffeln.

Schilfglasflügelzikaden im Zuckerrübenbestand
Schilfglasflügelzikaden im ZuckerrübenbestandUllrich Benker
Die Schilf-Glasflügelzikade saugt an Blättern der Zuckerrübe, Kartoffeln und verschiedener Gemüsearten und überträgt dabei zwei Krankheitserreger: Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus (kurz: Arsenophonus) und Candidatus Phytoplasma solani (kurz: Stolbur). Beide Erreger verursachen massive Ertragsverluste und Qualitätsprobleme. Besonders betroffen sind südliche und östliche Zuckerrüben-Anbaugebiete in Deutschland. 

Dieses Jahr wird die Flugaktivität der Schilf-Glasflügelzikade in Niedersachsen auf 81 Standorten durch den Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen überwacht. Hinzu kommen 35 Standorte der Nordzucker AG. Die aktuellen Monitoring-Ergebnisse sind für jeden unter https://www.isip.de/isip/schilf-glasfluegelzikade frei zugänglich.

Aktuelle Ergebnisse Schilf-Glasflügelzikaden-Monitoring und Notfallzulassungen in Pflanzkartoffeln

In KW 25 wurden auf einem Standort in der Gemeinde Söllingen zehn Schilf-Glasflügelzikaden gefunden. In KW 26 und 27 sind weitere Funde in niedriger Anzahl an Standorten in den Landkreisen Helmstedt, Wolfenbüttel und Goslar hinzugekommen. In einem Großteil dieser Zikaden konnte der Erreger Arsenophonus nachgewiesen werden, in einzelnen auch das Stolbur-Phytoplasma. Außerhalb dieser Landkreise gibt es aktuell keine Funde.

Aufgrund der im Vergleich zu anderen Bundesländern niedrigen Befallslage sind in Niedersachsen keine Insektizid-Behandlungen in Zuckerrüben und Konsumkartoffeln gemäß der ausgesprochenen Notfallzulassungen vorgesehen. Aufgrund der besonderen Situation bei Pflanzkartoffeln erfolgt hiermit ein Warndienstaufruf für Pflanzkartoffeln in den oben genannten Landkreisen. Damit besteht für Pflanzkartoffelflächen in diesen Landkreisen die Möglichkeit einer Behandlung entsprechend der Anwendungsbestimmungen und unten genannter Hinweise. Als Pflanzkartoffeln gelten nur Vermehrungsflächen die im Rahmen der amtlichen Anerkennung angemeldet wurden.

Insektizidstrategie gegen Schilf-Glasflügelzikaden in Pflanzkartoffeln

Gegen die Schilf-Glasflügelzikade als Bakterienvektor kann eine Behandlung auf Grundlage folgender bundeseinheitlich abgestimmter Behandlungsstrategie erfolgen:

  1. Behandlung: 0,5 l/ha Sivanto Prime + Pyrethroid*
  2. Behandlung (10-12 Tage später): 0,25 kg/ha Mospilan SG + Pyrethroid*
  3. Behandlung (10-12 Tage später): 0,25 kg/ha Danjiri

*Decis forte, Kaiso Sorbie, Karate Zeon, Sumicidin Alpha EC (weitere Infos siehe Tabelle)

Da Pflanzkartoffeln üblicherweise mit Insektiziden gegen Blattläuse als Virusvektoren behandelt werden, wird die oben genannte Behandlungsstrategie in der Regel in die bestehende Strategie integriert.

Wenn Sie z.B. aktuell im Abstand von 10–14 Tagen systemische Mittel verwenden, ist es möglich für die nächste geplante Anwendung mit 0,5 l/ha Sivanto Prime gemischt mit z.B. 0,075 l/ha Karate Zeon zu beginnen. Alternativ können Sie auch dem ohnehin gegen Blattläuse als Virusvektoren eingeplanten systemischen Mittel ein Pyrethroid zusetzen, also z.B. 0,25 kg/ha Mospilan SG + Pyrethroid. Die Behandlung ist dann entsprechend fortzusetzen.

Sind bei Ihnen keine weiteren Behandlungen gegen Blattläuse als Virusvektoren geplant (z.B. aufgrund hoher Virusresistenzen), können Sie die oben genannte Behandlungsstrategie wie aufgeführt umsetzen.

Dieser Warndienstaufruf gilt für alle möglichen drei Behandlungen.

Bei der Anwendung ist zwingend zu beachten:

  • Anwendung nur in Regionen mit Warndienstaufruf.
  • Als Pflanzkartoffeln gelten nur Vermehrungsflächen die im Rahmen der amtlichen Anerkennung angemeldet wurden.
  • Die Anwendungsbestimmungen sind einzuhalten, u.a.:
    • Beachten Sie die maximale Anzahl an Behandlungen in der Kultur bzw. Jahr.
    • Achten Sie darauf, dass Sivanto Prime, Decis forte, Kaiso Sorbie und Sumicidin Alpha EC nicht auf drainierten Flächen angewendet werden dürfen (NG405).
    • Tankmischungen zweier Insektizide gegen die Schilf-Glasflügelzikade sind als bienengefährlich (B1) eingestuft.
    • Beachten Sie die Abstands- und Technikauflagen zu angrenzenden Flächen (NT108-1 und NT103-1) und zu Oberflächengewässern (NW607-2).
  • Berücksichtigen Sie, dass die eingesetzten Pyrethroide ihre Wirkung bei höheren Temperaturen schnell verlieren können. Das Temperaturoptimum liegt bei diesen Mitteln bei unter 18°C, keine Behandlungen über 25°C.

Betriebe mit Flächen in den aufgerufenen Landkreisen müssen nicht zwingend Insektizidmaßnahmen durchführen. Versuchsergebnisse zur Wirkung der einzelnen Produkte, insbesondere über mehrere Jahre hinweg, liegen bislang nur in begrenztem Umfang vor.

Art. 53 Notfallzulassungen, die in Pflanzkartoffeln gegen Schilf-Glasflügelzikaden angewendet werden dürfen

Mittel                     

Danjiri

Mospilan SG

Carnadine 200

Sivanto Prime

Decis forte

Kaiso Sorbie

Karate Zeon

Sumicidin Alpha EC

Wirkstoff

Acetamiprid

Acetamiprid

Acetamiprid

Flupyradi-furone

Deltamethrin

lambda-Cyhalothrin

lambda-Cyhalothrin

Esfenvalerat

Zulassungszeitraum

02.05.-29.08.25

22.04.-19.08.25

01.05.-28.08.25

02.05.-29.08.25

02.05.- 29.08.25    

01.05.-28.08.25

02.05.-29.08.25

20.05.-16.09.25

Anwendungszeitpunkt:

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

nach Warndienstaufruf durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst

Stadium der Kultur

BBCH 40 bis 85

BBCH 40 bis 85

BBCH 19 bis 81

BBCH 31 bis 89

BBCH 21 bis 74

ab BBCH 13

ab BBCH 13

BBCH 13 bis 91

Max. Zahl der Behandlungen in dieser Anwendung

2

2

1

1

1

1

2

2

Max. Zahl der Behandlungen in Kultur bzw Jahr

2

2

2

1

2

1

2

3

Abstand

7 Tage

14 Tage

           

Aufwand

0,25 kg/ha in 200-400 l Wasser/ha

0,25 kg/ha in 200-600 l Wasser/ha

0,2 l/ha in 200-400 l Wasser/ha

0,5 l/ha in 150-600 l Wasser/ha

0,05 l/ha in 200-400l Wasser/ha

0,15 kg/ha in 200-400l Wasser/ha

0,075 l/ha in 300-400 l Wasser/ha

0,3 l/ha in 200-400l Wasser/ha

Wartezeit

7 Tage

7 Tage

7 Tage

7 Tage

7 Tage

14 Tage

14 Tage

14 Tage

Bienenschutz

NB 6641(B4), NB 6612, NN410

NB 6641(B4), NB 6612, NN410

NB6621(B2), NB6612

NB6611(B1)

NB6621(B2), NB6612

NB6641(B4), NB6623, NN410

NB6641(B4), NB6623, NN410

NB6621(B2)

 

(NB unkodiert) In Tankmischung mit anderen Insektiziden, die in der Indikation Glasflügelzikaden/Kartoffel zugelassenen sind, wird das Mittel vorsorglich als bienengefährlich ein gestuft (B1). Es darf in Tankmischung mit diesen Insektiziden nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410, beachten.

Anwendungsbestimmungen

(VV553) Keine Anwendung in Kombination mit Netzmitteln

(VV553) Keine Anwendung in Kombination mit Netzmitteln

(NG373.1010) Anwendung nur, wenn auf derselben Fläche in den zwei vorhergehenden Kalenderjahren kein Mittel, das den Wirkstoff Acetamiprid enthält, ausgebracht wurde.

(NG405) Keine Anwendung auf drainierten Flächen

(NG405) Keine Anwendung auf drainierten Flächen

(NG405) Keine Anwendung auf drainierten Flächen

 

(NG405) Keine Anwendung auf drainierten Flächen

 

(NW607-2) 50% - 15m, 75% - 10m, 90 % – 5 m

(NW607-2) 50% - 15m, 75% - 10m, 90 % – 5 m

 

(NW607-2) 50% - 20m, 75% - 10m, 90 % – 5 m

(NW607-2) 90 % – 50 m

(NW607-2) 90 % – 50 m

(NW607-2) 75% - 15m, 90 % – 5 m

(NW607-2) 90 % – 30 m

 

(NW706), (NT108-1)

(NW706), (NT108-1)

(NW706), (NW606), (NT108-1)

(NW unkodiert)

(NW706), (NT108-1)

(NW unkodiert), (NT108-1)

(NW unkodiert), (NT108-1)

(NW706), (NT103-1)

(NW706) Zwischen behandelten Flächen mit einer Hangneigung von über 2 % und Oberflächengewässern - ausgenommen nur gelegentlich wasserführender, aber einschließlich periodisch wasserführender - muss ein mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsener Randstreifen vorhanden sein. Dessen Schutzfunktion darf durch den Einsatz von Arbeitsgeräten nicht beeinträchtigt werden. Er muss eine Mindestbreite von 20 m haben. Dieser Randstreifen ist nicht erforderlich, wenn: - ausreichende Auffangsysteme für das abgeschwemmte Wasser bzw. den abgeschwemmten Boden vorhanden sind, die nicht in ein Oberflächengewässer münden, bzw. mit der Kanalisation verbunden sind oder - die Anwendung im Mulch- oder Direktsaatverfahren erfolgt.

(NW unkodiert) Zwischen behandelten Flächen mit einer Hangneigung von über 2 % und Oberflächengewässern – ausgenommen nur gelegentlich wasserführender, aber einschließlich periodisch wasserführender – muss ein mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsener Randstreifen vorhanden sein. Dessen Schutzfunktion darf durch den Einsatz von Arbeitsgeräten nicht beeinträchtigt werden. Er muss eine Mindestbreite von 20 m haben.

(NT108-1) Bei der Anwendung des Mittels muss ein Abstand von mindestens 5 m zu angrenzenden Flächen (ausgenommen landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Flächen, Straßen, Wege und Plätze) eingehalten werden. Zusätzlich muss die Anwendung in einer darauf folgenden Breite von mindestens 20 m mit einem verlustmindernden Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" gemäß der Bekanntmachung vom 10. September 2013 (BAnz AT 23.10.213 B4) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse 75 % eingetragen ist. Bei der Anwendung des Mittels ist weder der Einsatz verlustmindernder Technik noch die Einhaltung eines Abstandes von mindestens 5 m erforderlich, wenn die Anwendung mit tragbaren Pflanzenschutzgeräten er folgt oder angrenzende Flächen (z. B. Feldraine, Hecken, Gehölzinseln) weniger als 3 m breit sind. Bei der Anwendung des Mittels ist ferner die Einhaltung eines Abstandes von mindestens 5 m nicht erforderlich, wenn die Anwendung des Mittels in einem Gebiet erfolgt, das von der Biologischen Bundesanstalt im "Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturanteile" vom 7. Februar 2002 '(Bundesanzeiger Nr. 70a vom 13. April 2002) in der jeweils geltenden Fassung, als Agrarlandschaft mit einem ausreichenden Anteil an Kleinstrukturen ausgewiesen worden ist oder angrenzende Flächen (z. B. Feldraine, Hecken, Gehölzinseln) nachweislich auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen angelegt worden sind

(NT103-1) Die Anwendung des Mittels muss in einer Breite von mindestens 20 m zu angrenzenden Flächen (ausgenommen landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Flächen, Straßen, Wege und Plätze) mit einem verlustmindernden Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" gemäß der Bekanntmachung vom 10. September 2013 (BAnz AT 23.10.2013 B4) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse 90 % eingetragen ist. Bei der Anwendung des Mittels ist der Einsatzverlust mindernder Technik nicht erforderlich, wenn die Anwendung mit tragbaren Pflanzenschutzgeräten erfolgt oder angrenzende Flächen (z. B. Feldraine, Hecken, Gehölzinseln) weniger als 3 m breit sind oder die Anwendung des Mittels in einem Gebiet erfolgt, das von der Biologischen Bundesanstalt im "Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturanteile" vom 7. Februar 2002 (Bundesanzeiger Nr. 70a vom 13. April 2002) in der jeweils geltenden Fassung, als Agrarlandschaft mit einem ausreichenden Anteil an Kleinstrukturen ausgewiesen worden ist.