Von Naturraumbasis zu Gemeindebasis
Das Verzeichnis regionalisierter Kleinstrukturanteile (VKS) dient dem Risikomanagement von Pflanzenschutzmitteln im terrestrischen Bereich. Durch einen ausreichend hohen Anteil an Kleinstrukturen sollen mögliche Lebens- und Rückzugsräume für Nichtzielorganismen in der Agrarlandschaft geschützt werden. Für Landwirte in Gebieten mit einem hohen Anteil kleinräumiger Strukturen würde dies, bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit NT-Anwendungsbestimmungen, die einen Abstand zu Saumstrukturen erfordern, jedoch zu einer Benachteiligung führen. Um die Akzeptanz zum Schutz von Kleinstrukturen zu verbessern, entfallen daher in Gebieten mit einem ausreichenden Anteil an Kleinstrukturen einzelne oder sämtliche Bestimmungen der NT-Anwendungsbestimmungen.
Die erste Fassung des VKS wurde 2004 veröffentlicht. Durch Gemeindezusammenlegungen und deutlich veränderte Daten zur Landnutzung wurde eine Aktualisierung notwendig. Hierdurch soll der entscheidende räumliche Bezug zwischen Nichtzielflächen und Behandlungsflächen, durch eine hohe räumliche Auflösung, hergestellt werden.
Neuberechnung:
Die Neuberechnung findet für alle landwirtschaftlichen Flächen und Sonderkulturen statt. Es wird das Verhältnis zwischen landwirtschaftlichen Flächen und vorhandenen Kleinstrukturen berechnet. Hierfür wurden alle Flächen in Hexagone von 1 km² Größe unterteilt. Der neue Sollwert wurde einheitlich auf 10% festgelegt und eine Bewertung findet nun auf Gemeindeebene statt. Nur wenn in mindestens 50% aller Hexagone einer Gemeinde der Kleinstrukturanteil > 10% ist findet eine positive Bewertung statt. Die Bewertungen werden jährlich aktualisiert und im Bundesanzeiger veröffentlicht. (s.h. Mapviewer JKI)
Der Kleinstrukturindex wird wie folgt berechnet:
KS = Kleinstrukturen; LF = landwirtschaftliche Flächen und Sonderkulturen ohne Grünland
Grundlage der Berechnung sind die offiziellen ATKIS-Daten (Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem). Es werden ausschließlich Landschaftselemente innerhalb der Hexagone berücksichtigt.
Flächenförmige Kleinstrukturen:
- Gehölze, Waldflächen < 1 ha
- Grünlandflächen < 1 ha
- Heide, Moore, Sümpfe
- Streuobstwiesen
Linienförmige Kleinstrukturen, d.h. Säume angrenzend an:
- Ackerland, Gartenland, Bahnstrecken
- Grünland, Siedlungsflächen, Straßen, Verkehrsbegleitflächen
- flächenförmige Kleinstrukturen, zusätzlich Gewässer, Hecken, Baumreihen
Nachmeldeverfahren
Darüber hinaus haben die Bundesländer die Möglichkeit zusätzliche Daten, die nicht in den ATKIS-Daten enthalten sind, nachzumelden, z.B.
- Flächen mit bestehenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
- Extensiv oder nicht genutztes Grünland (muss in offiziellen Programmen festgelegt sein [Vertragsnaturschutz, AUM, …])
- Dauerhaft aufgelassene Weinbauflächen
- Streuobstwiesen
- Flächenförmige Kleingehölze < 0,1 ha
- Linienförmige Gehölzflächen
Die Meldung muss immer bis zum 30. September des Vorjahres beim JKI erfolgen und wird zum 31. Januar des Folgejahres veröffentlicht. Alle sonstigen Eingangsparameter werden alle 5 Jahre aktualisiert.
Konsequenzen des VKS für Anwendungsbestimmungen
Betroffen von der Neuberechnung des VKS sind die Anwendungsbestimmungen:
- NT 101 bis 103
- NT 104 bis 106
- NT 107 bis 109
- NT 111 und 112
Übersicht über die betroffenen NT-Auflagen:
Anwendungsbestimmungen |
NT |
NT |
NT |
NT |
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101 |
102 |
103 |
104 |
105 |
106 |
107 |
108 |
109 |
111 |
112 |
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20 m Breite mit … abdriftmindernder Technik spritzen |
50 % |
75 % |
90 % |
50 % |
75 % |
90 % |
50 % |
75 % |
90 % |
- |
- |
Zusätzlich: |
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---- |
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5 m Abstand |
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sofern abdriftmindernde Technik nicht einsetzbar: |
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---- |
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5 m Abstand |
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---- |
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---- |
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Befreiung von NT-Auflagen, sofern: |
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Anwendung von tragbarem Gerät |
ja |
ja |
ja |
|
ja |
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Saumstruktur < 3 m Breite |
ja |
ja |
ja |
ja |
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Fläche im kleinstrukturierten Gebiet |
ja |
ja |
kein 5 m Abstand, aber Verwendung abdriftmindernder Technik |
ja |
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Saumstruktur auf ehem. landwirtschaftlich / gärtnerisch genutzter Fläche |
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ja |
ja |
(Quelle: LWK-NRW „Verzeichnis regionalisierter Kleinstrukturen“)
Die an Kulturflächen angrenzenden Saumbiotope wie z. B. Hecken und Gehölzinseln bieten für Pflanzen und Tiere einen wichtigen Lebensraum. Zum Schutz der Tier- und Pflanzenarten werden Abstände zu Saumbiotopen festgelegt, die den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in diesen Lebensraum vermeiden sollen. Die NT-Anwendungsbestimmungen schreiben das Einhalten eines 5 oder 20 m Abstandes, die Nutzung abdriftmindernder Technik oder beides vor. Die Abstände zu Saumbiotopen müssen nicht eingehalten werden, wenn:
- diese weniger als 3 m breit sind
- diese auf nachweislich landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen angelegt worden sind
- mit einem tragbaren Pflanzenschutzgerät gearbeitet wird.
Des Weiteren sind Ausnahmen möglich in Gebieten, in denen ausreichend Kleinstrukturen vorhanden sind; das Verzeichnis regionalisierter Kleinstrukturanteile wird vom Julius-Kühn-Institut aktualisiert. Der Einsatz abdriftmindernder Technik ist bei den Auflagen NT107, NT108 und NT109 auch bei einem ausreichenden Anteil an Kleinstrukturen einzuhalten.
Beispiel NT 109
- Anwendung neben einem Saumbiotop
Verlustmindernde Technik und 5 m-Abstand - Anwendung neben einer Hecke auf einer landwirtschaftlichen/gärtnerischen Fläche
Verlustmindernde Technik und kein 5 m-Abstand - Anwendung neben einer Hecke mit weniger als 3 m Breite
Keine verlustmindernde Technik und kein Abstand - Gewässerrandstreifen (> 3 m Breite)
Verwendung von abdriftmindernder Technik auf 20 m Breite erforderlich,
weitere Anwendungsbestimmungen sind zu beachten
Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten des Julius-Kühn-Institutes: www.julius-kuehn.de