Pflanzenschutzdienst

Unkrautbekämpfung in Kartoffeln – nicht nur die Wirkung im Blick haben

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Die verhaltende Jugendentwicklung der Kartoffel führt zu einer relativ späten Abdeckung des Bodens, die Unkräuter haben daher über eine lange Zeit viel Raum sich zu entwickeln.

Nach Reihenschluss wird der Boden zwar gut abgedeckt, hartnäckige Unkräuter wie die Gänsefußarten schaffen es aber dennoch die Kartoffeln in dieser Phase zu überwachsen und können zu empfindlichen Ertragseinbußen führen. Auf der anderen Seite sollte auch die Verträglichkeit der Behandlungen beachtet werden.  

Zur Prüfung verschiedener Herbizidstrategien hat die LWK Niedersachsen einen Herbizid-versuch auf einem sandigen Lehmstandort in der Sorte Bintje durchgeführt (Grafik 1 siehe pdf-Anhang).

Das Unkrautspektrum auf dieser Fläche dominierte zunächst aus Weißem Gänsefuß, Stiefmütterchen, Windenknöterich, Kamille und Klettenlabkraut (siehe Bonitur I). Zum Boniturtermin II waren in erster Linie Weißer Gänsefuß, Windenknöterich, Vogelmiere, Schwarzer Nachtschatten sowie Hühnerhirse von Bedeutung. Bei der Abschlussbonitur lag der Unkrautdeckungsgrad in der Kontrolle für Weißen Gänsefuß bei 43%, für Hirse bei 16% und Windenknöterich, Vogelmiere und Nachtschatten deckten weitere 14% der Fläche ab.  Die Behandlungen konnten die Unkräuter, wenn auch nicht vollständig, jedoch deutlich zurückdrängen. 

Neben der Wirkung gegen die unerwünschte Begleitflora wurde auch die Phytotoxizität bei den Kartoffeln geprüft. Die geprüften Varianten zum Vorauflauftermin verursachten dabei keine nachhaltigen Schäden an den Kartoffeln. Die Anwendungen im Nachauflauf der Kartoffeln verursachten vorübergehend leichte Wuchshemmungen durch Blattaufhellungen an den Kulturpflanzen, Ertragseinflüsse hierdurch waren jedoch nicht eindeutig. Sehr gute Wirkungsgrade gegen das auftretende Unkrautspektrum erzielten die im Vorauflauf eingesetzten Herbizid- bzw. Wirkstoffkombinationen. Die Nachauflaufkombinationen wurden leichte Schwächen in der Abschlussbonitur beim Leitunkraut Weißer Gänsefuß, zudem gegen Hühnerhirse und Windenknöterich in der Arcade-Varinte sichtbar.

Einen wesentlichen Baustein möglicher Nachauflauflösungen stellt der Wirkstoff Metribuzin dar. Als reine Metribuzinprodukte werden in dieser Saison Sencor liquid, Mistral, Profi Metribuzin und Citration zur Verfügung stehen. Zu beachten ist, dass die breiter wirksamen Herbizide Arcade, Artist und Metric den Wirkstoff ebenfalls enthalten.

Aus Gründen des Herbizidresistenzmanagementes sollte eine übermäßige Verwendung dieses Mittels aus der Wirkstoffgruppe der Triazine vermieden werden. Minderwirkungen beim Einsatz von Triazin-Herbiziden ist besonders beim Weißen Gänsefuß und der Gemeinen Melde zu beobachten, aber auch gegenüber dem Schwarzen Nachtschatten zeigt Metribuzin regional nicht mehr die volle Wirkung.

Weiter ist die Verträglichkeit der ausgepflanzten Sorte gegenüber Metribuzin zu beachten. Auch, wenn keine deutliche Schädigung der Blätter zu erkennen ist, kann der Einsatz Ertrag kosten. Die Pflanzenschutzindustrie hat entsprechende Einstufungen der Verträglichkeit der Sorten vorgenommen, aber auch einige dort als verträglich eingestufte Sorten können auf Metribuzin empfindlich reagieren, wie Versuchsergebnisse der Bezirksstelle Uelzen, LWK Niedersachsen zeigen. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Versuche sind in der Tabelle 1 dargestellt. Die dort aufgeführten Sorten haben sich in den Versuchen als Metribuzin-unverträglich erwiesen.  

Tabelle Metribuzinun-verträgliche Sorten siehe pdf-Anhang

Beim Einsatz der Wirkstoffe Prosulfocarb und Clomazone kann es zu Schäden an angrenzenden Pflanzen kommen. Um hier Schäden zu vermeiden und auch diese Wirkstoffe zu erhalten, sind die Präparate-spezifischen Auflagen einzuhalten.

Ein zeitiger Dammaufbau trägt dazu bei, dass die Kartoffeldämme zum Zeitpunkt der Behandlung gut abgesetzt sind. Gleichzeitig wird so auch eine zügige Unkrautentwicklung gefördert, sodass schon vor dem Auflaufen der Kartoffeln ein Großteil der Unkräuter über die Blattwirkung der Herbizide erfasst werden kann.

Anwendungszeitpunkt anpassen

Die Produkte Bandur, Artist, Novitron, Metric, Centium 36 CS oder andere Clomazoneherbizide sollten spätestens eine Woche vor dem Durchstoßen der ersten Keime eingesetzt werden. So lassen sich Schäden an den Kartoffeln vermeiden. Proman dagegen kann bis kurz vor dem Durchstoßen eingesetzt werden. Die Produkte Arcade und Sencor Liquid / Mistral können in Metribuzin-verträglichen Sorten auch im zeitigen Nachauflauf ausgebracht werden. Ein sehr früher Einsatz der entsprechenden Herbizide, also über zehn Tage vor dem Auflaufen, ist dann gerechtfertigt, wenn der Damm stabil ist, die Böden feucht sind, im Weiteren aber keine wesentlichen Niederschläge erwartet werden.

Besonders unter trockenen Bedingungen oder auf humosen Böden hat es sich bei dem Einsatz kurz vor dem Auflaufen der Kartoffeln bewährt, die geplanten Herbizide durch den Zusatz von Quickdown anzuschärfen. Durch die Zumischung von 0,3 - 0,4 l/ha Quickdown + 0,75 - 1,0 l/ha Toil werden viele bereits aufgelaufene Unkräuter heruntergebrannt. Optimal wird Quickdown so eingesetzt, dass nach der Anwendung noch ca. 5 Stunden Tageslicht folgen.

Im Nachauflauf sind neben dem Metribuzin-haltigen Produkten Sencor WG, Sencor Liquid und Mistral auch Rimsulfuron-haltige Präparate wie Cato / Rimuron 25 WG + FHS oder Titus + Trend einsetzbar. Bewährt hat sich auch die Kombination aus Metribuzin und Rimsulfuron + FHS mit einer guten Breitenwirkung einschließlich Kamille, Klettenlabkraut und Windenknöterich. Diese Anwendung sollte in einer Wuchshöhe der Kartoffeln bis fünf Zentimeter erfolgen, spätere Anwendungen bis maximal 15 Zentimeter Wuchshöhe sind möglich, das Verträglichkeitsrisiko durch die stärkere Wirkstoffaufnahme der Kultur nimmt aber deutlich zu. Bei späteren Anwendungen nimmt auch die Abschirmung der Unkräuter zu, so dass mit einem größeren Anteil nicht erfasster Unkräuter gerechnet werden muss.

Je feuchter, desto besser

Eine Anwendung sollte auf einen feuchten, abgesetzten Kartoffeldamm erfolgen. Aber gerade unter trockenen Bedingungen kann die Herbizidstrategie auch nach den Ansprüchen an die Bodenfeuchtigkeit der jeweiligen Mittel ausgerichtet werden. Für eine optimale Wirkung benötigen die Produkte Artist und etwas abgemildert auch Boxer, relativ feuchte Böden. Metribuzin, beispielsweise Mistral, und Proman haben einen mittleren Feuchtigkeitsbedarf. Einen relativ geringen Feuchtigkeitsanspruch, daher auch unter trockenen Bedingungen Wirkungsvorteile, haben unter anderem Novitron, Metric, Centium 36 CS und auch Bandur.

Setzen Sie die Herbizide relativ früh ein, ist der Erfolg der Maßnahme auch von der Wirkungsdauer der eingesetzten Produkte abhängig. Artist, Bandur, Centium und Novitron verfügen über eine Langzeitwirkung. Von einer etwas kürzeren Dauerwirkung ist bei Metric auszugehen. Über eine mittlere Wirkungsdauer verfügen die metribuzinhaltigen Herbizide und Proman. Boxer sollte frühstens sieben Tage vor dem Durchstoßen platziert werden, da es eine relativ kurze Wirkungsdauer hat.

Tabellen Herbizidstrategien siehe pdf-Anhang 

Herbizidempfehlungen

Bestände auf leichteren Sandböden können bei geringem Unkrautbesatz aus noch leicht bekämpfbaren Gänsefußarten, Kamille, Vogelmiere und ohne nennenswertes Auftreten von Klette sehr preiswert behandelt werden. Mit einer Spritzfolge aus Mistral 0,4 – 0,5 kg/ha in den Auflauf der Kartoffel und einer späteren Nachbehandlung mit ca. 150 – 200 g/ha Metribuzinwirkstoff können in diesem Fall gute Resultate erzielt werden. Treten Hirsen oder Klette auf, kann bei der Nachbehandlung Cato 20 g/ha + FHS zugesetzt werden. Um die Kartoffeln dann nicht zu sehr zu belasten, sollte die Aufwandmenge von Mistral auf 0,15 – 0,2 kg/ha in der Mischung mit Rimsulfuron + FHS reduziert werden. Diese relativ preiswerte Spritzfolge kann auch auf stärker humosen Böden sinnvoll sein, wenn die Bodenherbizide ihre Wirkung nicht voll entfalten können.  

Wird etwas mehr Klette erwartet, empfiehlt es sich, bei der ersten Herbizidspritzung kurz vor dem Durchstoßen der Kartoffeln 250 – 350 g/ha Metribuzin mit Boxer ca. 1,5 – 2,0 l/ha gegen Klette in der Wirkung zu verstärken. So kann erreicht werden, dass die Klette bei der Folgebehandlung noch nicht zu groß ist und von der Mischung aus Metribuzin + Rimsulfuron sicher erfasst wird. Mit zunehmender Bodengüte steigt häufig auch der Besatz an Klettenlabkraut. Langjährig gute Erfolge gegen Gänsefußarten, Kamille, Vogelmiere und stärkerem Klettenbesatz sind in Metribuzin-verträglichen Kartoffelsorten durch die bewährte Kombination aus Boxer 3,0 – 4,0 l/ha und z.B.  Mistral 0,3 – 0,4 kg/ha zu erwarten. Synergieeffekte sichern die Breitenwirkung dieser Kombination zusätzlich ab. Gerade das Boxer benötigt für eine sichere Wirkung ausreichend Bodenfeuchtigkeit. Unter trockenen Bedingungen bietet Bandur eine größere Wirkungssicherheit. Bandur, aus dem Wirkstoff Aclonifen, ist im Boden relativ stabil, so dass bei einer Wiederbefeuchtung nach Trockenphasen noch Wirkung erwartet werden kann.

Ist neben Klettenlabkraut auch stärkerer Windenknöterichbesatz zu bekämpfen, hat auch die Kombination aus Centium 36 CS 0,2 l/ha + z.B. Mistral 0,4 – 0,5 kg/ha eine starke Wirkung, allerdings mit deutlicher Schwäche gegen Kamille und Nachtschatten. Eine sichere Bekämpfung des Nachtschattens ist mit den verfügbaren Herbiziden kaum möglich. Über Teilwirkungen dagegen verfügen Prosulfocarb-haltige Herbizide, Artist und Novitron DamTec. Ist bereits erster Nachtschatten aufgelaufen, lassen sich die Wirkungsgrade durch den Zusatz von 0,3 – 0,4 l/ha Quickdown + 0,75 – 1,0 l/ha Toil deutlich verbessern.

Metribuzin-freie Lösungen

Ergibt sich eine Bekämpfungssituation in der Metribuzin-freie Lösungen gefordert sind, bedingt durch Sortenunverträglichkeit oder Standorte mit eingeschränkter Metribuzinwirkung, sollte Bandur in die Bekämpfungsstrategie eingegliedert werden. Eine breite Verunkrautung aus Gänsefußarten und Klette sowie Kamille und Vogelmiere kann mit der Mischung aus Bandur 2,5 l/ha + Boxer 2,0 – 2,5 l/ha erfasst werden. In den letzten Jahren war in Kartoffelbeständen häufiger stärkeres Auftreten von Windenknöterich zu beobachten. In diesem Fall kann die Wirkung der Basisherbizide wie Bandur 3,0 l/ha oder Boxer 3,0 – 3,5 l/ha durch den Zusatz von z.B. Centium 36 SC 0,2 l/ha gegen das Unkraut verbessert werden. Gerade unter trockenen Bedingungen hat sich die Mischung aus Bandur 3,0 l/ha + Centium 36 CS 0,2 l/ha bewährt. Alternativ kann auch das Mischprodukt aus Aclonifen und Clomazone Novitron DamTec 2,4 kg/ha eingesetzt werden.

Liegt eine Bekämpfungssituation vor, in der bereits Unkräuter stärker aufgelaufen sind beziehungsweise sich im Laubblattstadium befinden, kann Blattaktivität der angesprochenen Vorauflaufkombination durch den Zusatz von 0,3 – 0,4 l/ha Quickdown + 0,75 – 1,0 l/ha Toil deutlich verbessert. Diese Situation ergibt sich häufig nach frühem Anhäufeln mit nachfolgend lange anhaltenden Trockenperioden. Diese Maßnahme ist auch auf Standorten mit hohen Humusgehalten empfehlenswert. Schäden an vereinzelt aufgelaufenen Kartoffeln wachsen sich im Allgemeinen wieder heraus, trotzdem sollten blattaktive Mischungen nicht im Vermehrungssegment erfolgen.

Besonders auf schwereren Böden kann auch Ackerfuchsschwanz zu einem Problem werden. Da der Ackerfuchsschwanz im Wesentlichen ein Herbstkeimer ist, ist der Besatz in Kartoffeln häufig eher gering. Ist eine Bekämpfung erforderlich bzw. zu erwarten, kann dies im Vorauflauf mit 2,5 kg/ha Artist bis kurz vor dem Durchstoßen erfolgen. Gegen bereits aufgelaufenen Ackerfuchsschwanz kann auch im Nachauflauf mit 2,5 l/ha Focus Ultra + 2,5 l/ha Dash oder 0,75 l/ha Select 240 EC + 1,0 l/ha Radiamix gearbeitet werden.

Fazit:

Im Kartoffelanbau stehen viele Herbizide zur Verfügung.

Die Metribuzinverträglichkeit der angebauten Sorte steht bei der Auswahl der Herbizidstrategie im Vordergrund.

Um eine optimale Herbizidstrategie zu finden, muss der Landwirt Kenntnis über die zu erwartende Verunkrautung besitzen.

Bei der Herbizidauswahl sollten die jeweiligen Bodenverhältnisse, insbesondere die erwartete Bodenfeuchte, berücksichtigt werden.